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„Ich hab nur ein Kind“ – diesen Satz will ich mir echt abgewöhnen. Aber wie geht das? Warum rutscht so vielen Einzelkind-Eltern dieses „nur“ so oft raus? Was steckt hinter den Klischees rund ums Einzelkind – und was sollten Ein-Kind-Familien nie vergessen? Ich habe darüber mit Anna Hofer gesprochen. Sie hat ein Buch über Einzelkinder geschrieben und macht im Interview mit alten Mythen kurzen Prozess. Ihre Antworten seht ihr im Video.

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„Nur“ ein Kind? Warum du dich dafür echt nicht rechtfertigen musst

Ich erwische mich immer wieder, wie ich in Gesprächen mit anderen sage: „Ich habe nur ein Kind.“ Und dann ärgere ich mich direkt über dieses NUR. Liebe Anna, du beschäftigst dich intensiv mit dem Thema Einzelkinder. Woher kommt dieses „nur“?

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Anna Hofer: Dass wir in Gesprächen manchmal dazu neigen, zu sagen, ich habe nur ein Kind, liegt sicherlich daran, dass unsere Gesellschaft Familien mit zwei Kindern als Norm empfindet und wir sehr schnell das Gefühl bekommen, uns dafür rechtfertigen oder gar entschuldigen zu müssen, dass wir ein Kind begleiten. Das ist aber nicht schlimm, denn jede Familiengröße ist genau richtig so, wie sie ist.

Und ich denke ehrlich gesagt: Dann ist da ja noch der Punkt, dass es gar nicht immer der Plan war, ein Kind zu bekommen. Für manche Familien passt es so perfekt, andere haben sich aufgrund verschiedenster Erfahrungen umentschieden – oder das Leben hat die ursprünglichen Pläne umgeworfen.

Was sind nach deinen Recherchen für dein Buch "Mein fabelhaftes Einzelkind: Warum Kinder auch ohne Geschwister glücklich groß werden" die häufigsten Irrtümer über Einzelkinder? Was wurde wissenschaftlich schon längst widerlegt?

Anna Hofer: Einzelkinder sind verwöhnt. Einzelkinder sind egoistisch. Einzelkinder können nicht teilen. Einzelkinder sind einsam. Das sind nur einige der Klischees, die man Einzelkindern noch viel zu oft unterstellt. Doch keine Studie konnte jemals zeigen, dass diese Klischees auch zutreffen. Das heißt, dass Einzelkinder, was ihre soziale Verträglichkeit angeht, ihre Sozialkompetenz, ihre Kompetenz, Freundschaften zu schließen, sich gar nicht unterscheiden zu Kindern, die mit Geschwistern groß werden. Und 2020 wurde auch noch einmal in einer großen Studie das große Klischee widerlegt, dass Einzelkinder narzisstischer seien als Menschen mit Geschwistern.

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Das eine ist unsere Perspektive auf Einzelkinder, das andere ist das Empfinden der Kids selbst. Wie würdest du reagieren, wenn sich ein Kind wirklich sehr einen Bruder, eine Schwester, also Geschwister wünscht?

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Anna Hofer: Wichtig für uns ist dann, eine klare Haltung einzunehmen und unserem Kind zu sagen, dass wir zum Beispiel als Familie komplett sind oder aber, dass wir sagen, dass wir als Eltern aktuell keine Geschwister planen. Viel interessanter ist es aber, unser Kind zu fragen, was es sich denn erhofft, wenn es ein Geschwisterchen hat. Diese Frage ist durchaus interessant und die sollten wir auf jeden Fall stellen.

Wir dürfen uns auch selbst fragen: Was brauchen Einzelkindeltern und was brauchen Einzelkinder? Es gibt hier kein Besser oder Schlechter. Ich wünsche mir einen gleichwertigen Blick auf Familien mit einem Kind oder mit mehreren Kindern. Weil alles seine positiven und vielleicht auch manchmal leicht negativen Seiten hat. Und deshalb wünsche ich mir, dass wir jedes Familienmodell wertschätzen, ohne Schubladen aufzumachen, in die alle möglichen Klischees reingeworfen werden. Für alle Kinder, ob sie nun mit oder ohne Geschwister groß werden, ist es wichtig, dass sie die Möglichkeit haben, Freundschaften zu schließen, dass sie die Möglichkeit haben, mit anderen Kindern zusammen zu sein und zu spielen.